Historie

Die Stifterin:
Sophie Colsman

„In Erfüllung eines Wunsches meines verstorbenen Mannes und in seinem Sinne überreiche ich unserer Vaterstadt Langenberg …“ So beginnt ein langer Brief, den Sophie Colsman am 8. Dezember 1917 dem damaligen Bürgermeister Konrad Angermann schrieb. Der Brief ist im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert, denn darin listet Sophie Colsman enorme Geldbeträge für verschiedene wohltätige Zwecke auf. Ziemlich weit unten in der Auflistung bestimmt sie „500.000 Mark zur Errichtung von Kriegerheimstätten für deutsche Kriegsteilnehmer“. Sie legt fest, dass die Heimstätten an jeden deutschen Kriegsteilnehmer vergeben werden können, „jedoch sollen solche aus Langenberg den Vorzug haben.“ Noch wichtiger ist ihr jedoch die Bedürftigkeit: „Kriegsbeschädigte sollen bevorzugt werden.“ Mit diesen wenigen Sätzen umreißt sie die Zielsetzung der Kriegerheimstätten-Stiftung.

Wahrscheinlich verfasste Sophie Colsman ihren Brief, mit dem sie die Stadt Langenberg und ihre Menschen reich beschenkte, in gedrückter Stimmung. Drei Monate zuvor war ihr Mann Adalbert Colsman verstorben. Das Ehepaar hatte keine eigenen Kinder, doch Sophie und ihr Mann trauerten seit 1914 immer wieder über die vielen Kriegstoten in ihrer weitläufigen Verwandtschaft und Bekanntschaft. Fast jede Familie verlor Söhne, Brüder oder Väter in den Schlachten des Ersten Weltkriegs. Viele der Überlebenden kehrten mit verheerenden körperlichen und seelischen Wunden nach Langenberg zurück, einige fassten nicht mehr richtig Fuß im zivilen Leben. Hier gezielte Hilfe zu leisten, war das Anliegen der Kriegerheimstätten-Stiftung.

War es ausschließlich die „Erfüllung eines Wunsches meines verstorbenen Mannes“, die Sophie kurz vor ihrem 70. Geburtstag antrieb, diese und mehrere andere Stiftungen zu gründen und großzügig auszustatten? Dies einzuschätzen, fällt aus heutiger Sicht schwer.

Schwarz-weiß Portraitfoto einer weißhaarigen Frau in dunkler Kleidung.

Sophie Colsman war eine starke Persönlichkeit, die ihrem eigenen Willen folgte.

Wie ihr Mann Adalbert entstammte sie einer angesehenen Langenberger Unternehmerfamilie. Ungeachtet ihrer beträchtlichen finanziellen Mittel führten die beiden ein vergleichsweise bodenständiges Leben. Die junge Sophie Feldhoff hatte im Mädchenpensionat Freundschaften geschlossen, die sie noch lange, nachdem sie 1870 Adalbert Colsman geheiratet hatte, weiterpflegte. Eine ihrer Freundinnen war Kitty Kleinschmidt, die Tochter eines aus Detmold stammenden Afrika-Missionars und seiner Frau, einer Namibierin. Kitty heiratete ebenfalls einen Afrika-Missionar, Botolf Bernhard Björklund aus Finnland. Johanna, die Tochter des Ehepaars, kam als junges Mädchen zu Sophie und Adalbert Colsman und wurde als deren Ziehtochter in Langenberg heimisch. Hier gründete sie später selbst eine Familie.

Sophie Colsman starb 1927 im Alter von 79 Jahren. Ihr ganzes Leben hatte sie unter pietistisch geprägten, gleichwohl aber unternehmerisch denkenden und international vernetzten, weltoffenen Menschen verbracht. Die in großer Zahl erschienenen Nachrufe auf Sophie Colsman hoben vor allem ihre liebvolle Sorge für die zahlreichen Familienmitglieder, ihren sozialen Einsatz und ihre vielfältigen Stiftungen hervor. Doch dass Sophie auch in ihrem eigenen Umfeld Integration aktiv gefördert hat, zeigt sich vor allem am Beispiel ihrer Ziehtochter Johanna.

Würde Sophie Colsman die heutigen Ziele der Stiftung begrüßen? 2014 beschloss das Stiftungskuratorium, die Satzung zu aktualisieren, um den gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.

Im Mittelpunkt des Engagements steht seither die Hilfe für Menschen, die den Weg der Migration gewählt haben – oft infolge von Krieg, Vertreibung und Flucht – und nun ihr Leben in einer fremden Umgebung neu beginnen. Vermutlich hätte Sophie Colsman die aktuelle Zielsetzung bereitwillig mitgetragen; dafür spricht das wenige, was heute noch über Sophie Colsman bekannt ist.